Wir leben in einer spannenden Welt. Eine Welt voller Licht
und Schatten, Bewegung und Ruhe, Freude und Trauer, Leben
und Tod. Ein tägliches Abenteuer für jeden, der sehen,
erkennen, wahrnehmen, selektieren, erleben, fühlen und
empfinden kann. Global gesehen eine Myriade Photomotive in
jeder Sekunde.
Fast anderthalb Jahrhunderte lang war die Photographie eine
technische Herausforderung. Das ist Vergangenheit. Jetzt
zählt nur noch das, was keine Technik und keine noch so
intelligente Computersteuerung je wird automatisieren
können: Der kreative Schöpfungsprozess. Die gute
Photographie ist nicht länger deshalb besser als eine
andere, weil sie mit einer besseren Kamera aufgenommen
wurde, sondern weil der Mensch hinter der Kamera besser
photographieren kann. Die wachsende Bedeutung der
Bildinhalte bei gleichzeitig abnehmender Relevanz von
Banalitäten wie Schärfe und Belichtung ist die für mich
wichtigste Errungenschaft der Technik in der künstlerischen
und darstellenden Photographie.
Unter den visuellen Medien behauptet die Photographie ihren Spitzenplatz. Historisch begründet wird ihr ein hohes
Maß an Authentizität zugestanden. Grenzenlose Freiheiten der
digitalen Nachbearbeitung gefährden dieses Vertrauen
zunehmend. Ich bin kein kategorischer Gegner von digitalen
Manipulationen, rate aber zum sorgsamen Umgang. Der Prozess,
Motive aus ihrer Umwelt mit Hilfe der Photographie
„herauszuschälen”, manchmal „herauszumeißeln”, ist für mich
die Faszination dieses Mediums.
Die Photographie hat mein visuelles Wahrnehmungsvermögen
entwickelt. Ihr verdanke ich die konzentrierte, analytische
Sehweise ebenso wie die Einschätzung der darauf folgenden
emotionalen Reaktionen. Damit trägt die Photographie zur
Bereicherung meines Lebens bei. Auch dann, wenn ich gar
keine Kamera dabei habe. |